"Zum 8. März:
Auf dem Weg zur Überwindung des Sexismus"
von Eva Fels, Claudie Goutrié,
Johanna Schaffer
Wenn wir darin übereinstimmen, dass die Kategorie Geschlecht ein
patriarchales Herrschaftsinstrument ist, anhand dessen Privilegien verteilt
und vorenthalten werden; und wenn wir ein gemeinsames Interesse an der
Zerschlagung der Instrumente der Herrschaft haben; was hieße dann
die Zerschlagung der Kategorie Geschlecht? Deren Abschaffung, Auflösung,
Verschiebung, Dezentrierung oder viel besser noch: deren Vervielfältigung?
Und wie, wenn wir davon ausgehen, dass das, was die Kategorie Geschlecht
in ihrer Herrschaftsstruktur bestimmt — ihre Zweigeschlechtlichkeit
— in all ihrer Wirkmächtigkeit sich zersetzen ließe oder
zum Bersten gebracht werden könnte durch zahlreiche Geschichten,
Schilderungen, Beschreibungen, Klassifikationsdarstellungen davon, dass
längst andere Welten der vielen und vielfältigen Geschlechter
existieren?
Ein Vorschlag also, der bis zur endgültigen Entkoppelung von Machtverhältnissen
und Geschlechtszugehörigkeit(en), und besonders zum 8. März
gilt:
Gemeinsamer Kampf all derer, die aufgrund ihrer mehr oder weniger freiwilligen,
selbstgewählten oder zugewiesenen Zugehörigkeit zur Kategorie
Frau benachteiligt, unterdrückt und ausgebeutet werden. Darüber
hinaus: Respekt vor allen, die in keine Kategorie passen oder passen wollen.
Respekt vor unserer Vielschichtigkeit und Vielfalt. Respekt vor uns selbst.
Kampf der Normierung und Normalisierung!
Deshalb: Weg mit allen Gesetzen, die uns aufgrund unseres Geschlechts
normieren!
ERSTER ENTWURF EINER PETITION
ZUR ÜBERWINDUNG DER GESCHLECHTLICHEN ZWANGSORDNUNG
JedeR hat das Recht auf freie Wahl des eigenen Geschlechts, auf uneingeschränkte
WahrNehmung des eigenen Geschlechts und Ausdruck aller geschlechtlichen
Empfindungen. Geschlechtskonformität darf kein Kriterium für
die Achtung oder Missachtung von Menschen sein. Doch die geschlechtliche
Zwangsordnung (der Sexismus) weist uns in das Korsett des uns zugeordneten
Geschlechts und diffamiert alle geschlechtlichen Abweichungen als Störung
und Krankheit.
Der sexistische Staat zwingt uns, das von ihm zugeordnete Geschlecht
in unseren Dokumenten auszuweisen und verbietet uns Namen zu tragen, die
diesem Geschlecht nicht entsprechen. Wer einen anderen Namen oder ein
anderes Geschlecht ausweisen möchte, muss sich einer Zwangstherapie
und einer geschlechtsanpassenden Operation unterziehen. Damit ist der
Staat der oberste Verwalter des Sexismus. Wir brauchen die geschlechtliche
Zwangsordnung nicht mehr.
Lasst uns unsere Geschlechtlichkeit selbst wählen, ausdrücken
und leben, frei von jeder sexistischen Diskriminierung und Diffamierung.
– Recht auf freie Definition der eigenen Geschlechtlichkeit
– Streichung der Geschlechtsdiskriminierung in amtlichen
Papieren
– Freie Namenswahl unhängig von Herkunft, Religion
und Geschlecht
|
Seit Oktober 2000 trifft sich in
regelmäßigen Abständen, in wechselnden Besetzungen
und an unterschiedlichen Orten eine Gruppe von Trans/Bio/Frauen/Lesben/Leuten,
um über unterschiedliche ebenso wie gemeinsame Vorstellungen
von Geschlechter- und Begehrenspolitiken zu diskutieren. Dieser kurze
Text zum achten März gibt Positionen aus der Gruppe wieder. |
|