Geschlechtsüberschreitung und Spiritualität
Jänner 2007 Das Überschreiten
von Geschlechtsgrenzen erscheint dort, wo diese als Grenzen der begehbaren Welt
wahrgenommen werden, als eine Transformation vom Diesseits ins Jenseits.
Neue
TransGender-Spiritualität 2) Die Beschneidung
der Geschichte 7) Die erste
amerikanische Nation |
Wie wissen, dass für viele TransGender die Verbindung zum Göttlichen eine selbstverständliche Grundlage ihres Lebens ist, etwas, das ihnen insbesondere - aber nicht nur - in der Zeit der Transformation eine starke seelische Unterstützung gab und identitätstragend geblieben ist. Wir wissen auch, dass diese Beziehung zumeist tabuisiert und verschwiegen wird.
Wir konnten von TG, die sich als religiös deklarieren, hören, dass sie gute und wichtige Erfahrungen in spirituellen Gruppen, ja sogar in Katholischen Gemeinden machen konnten, und das, obwohl der Vatikan einen schmerzhaft grausamen Umgang mit Transsexuellen empfiehlt2). Bei seinem Vortrag zum 10-jährigen TransX-Jubiläum3) berichtete Patrick Califia, dass in den USA TransGenders aus christlichen Gemeinden vertrieben wurden, nicht selten gerade in der Zeit als sie diese am notwendigsten gebraucht hätten. Gerade in jener Phase, wenn Transgender-Personen ihre Person - ohne passende Vorbilder - neu schaffen müssen. Welchen Raum können sie wieder Heimat nennen?
Patrick wusste, dass er damit ein brisantes Thema ansprach4). In seinem Referat zum Thema "Aktivismus als spirituelle Berufung" betonte er, dass es gerade unsere Community eine tolerante und spirituelle Grundlage braucht um der Gesellschaft das wieder zu geben, was im Kapitalismus verloren gegangen ist: Dem Respekt vor der Verschiedenartigkeit, die Überwindung des Paradoxons von Schwarz und Weiß. Doch dazu bedarf es der Gemeinschaft. Die Zeit, in der sich TG selbst aus dem Nichts schaffen mussten, ist vorüber.
Patrick Califia zitiert Raven Kaldera: "Alle TGs sind zu spiritueller Arbeit berufen. Wenn wir es nicht tun, erfüllen wir nicht unsere Aufgabe. (...) Seid mutig und zeigt dem Rest der Welt eure innere Wahrheit."
Wer ist Raven Kaldera? Er war ein als Mädchen aufgewachsener Hermaphrodit, Butch, Hexerin, ein "Leder Schamane"5) und schließlich heidnischer Priester der Hearthgrove Church6). Seine Publikationsliste umfasst Titel wie "Mythische Bestien" (1997), "Heidentum im Betondschungel" (2002), "Heras Segen" (2003), "Der ethnischer Psychovampir" (2005) sowie "Heidnisches BDSM und der Marterpfad" (2006). Bekannt wurde er insbesondere durch sein Buch "Hermaphrodeities - The TransGender Spiritual Workbook" (2001), welches er an ‚bigendered' Personen adressiert, worunter er - ohne Einschränkung - alle Formen der Trans/inter/sexualität subsummiert.
Sein Anliegen ist es BiGenders Mut und Selbstvertauen durch und über das Bekenntnis zur eigenen Zweigeschlechtlichkeit zu geben. Um die Bedeutung von BiGenders in der spirituellen Arbeit zu unterstreichen, zitiert er eine Vielzahl von Mythen und Göttern, wobei er die Leser nicht allzu sehr mit historisch belegtem Material belästigt. Dichtung und Wahrheit verschmelzen ineinander. So zitiert er Shiva mit der Aussage "Viele meiner Priester heiraten mich als Priesterinnen, kastriert und unrasiert"7). Die Literaturliste geht kaum über den bei Seminararbeiten üblichen Umfang hinaus. Selbst der Autor warnt davor, sein Werk als seriöse Darstellung der Mythologie lesen zu wollen8). Schließlich geht es Raven Kaldera auch um etwas ganz anderes: Um spirituelle Übungen und Rituale.
Ein Beispiel ist der folgende Text, der zur Chakren Selbstreinigung autosuggestiv laut gesprochen werden soll9):
Meiner Meinung nach bin ich Mensch.
In meinem Herz bin ich göttlich.
In meinen Worten ein Wandler.
Durch meinen Willen werde ich geändert.
Durch mein Beginnen nehme ich auf.
Durch mein Beenden lasse ich es gehen.
Durch meinen lebenden sterbenden Körper bin ich ein Kind der Erde
und verwandt mit allen Erdenkindern.
Durch die Kraft über und unter mir
Ich bin stark
Ich bin magisch
Ich bin gesegnet.
Ich bin. Ich bin. Ich bin! Wozu diese überhöhende Anrufung des Ego?
Es hat einen einfachen Grund: Raven widmet das Buch "der Idee, dass wir" - die BiGenders - "heilig und spirituell wertvolle Menschen sind" (S.12). Dafür gilt es "von Traditionen zu erzählen, die dieses Paradigma wieder verstärken." (S.12).
Sind wir heiliger oder spirituell wertvoller als andere? Bei der Wahl zwischen Tollerei und Demut würde ich das letztere bevorzugen. Aber ich begrüße Ravens zweites, durch sein New-Age Buch eher kontakariertes Ziel: Es ist an der Zeit die Tradition von TransGender-Personen als Priester und Heilige aus dem Nebel der Vergessenheit zu befreien. Blicken wir zurück ...
Die Religiosität und Spiritualität der neolithischen Ackerbaukulturen10) erscheint uns heute als Frauensache: Weibliche Statuen dominieren die prähistorischen Funde. Daneben finden wir Mensch-Tier Mischungen wie etwa Menschenkörper mit Schlangenköpfen oder Flügeln. Selbst androgyne Wesen dürften häufiger als männliche Statuetten sein.
Die ältesten menschlichen Schriften, die im dritten Jahrhundert v.Chr. verfassten Inanna-Mythen der Sumerer, kennen ein "drittes Geschlecht": Als die Himmels- und Erdgöttin11) Inanna, bzw. Ischtar, wie sie später von den Akkadern, Babyloniern und Assyrern12) genannt wurde, in die Unterwelt hinabsteigt um ihre "ältere Schwester Erschkigal" zu besuchen. "Kur", wie die Unterwelt der Sumerer genannt wird, steht auch für "Berg" oder "Feindesland". Es ist das Land ohne Wiederkehr, das selbst ein Gott wie Enki - der Gott des Wassers und der Weisheit - nur verlassen konnte, nachdem er zu einem Schamanen und Magier gewandelt wurde. Doch nach "noch mehr Bier" schenkte er seiner Schwiegertochter Inanna vierzehn magische Kräfte. Ausgerüstet mit diesen me-Kräften und den Insignien ihrer Macht wagt auch Inanna den Abstieg in die Dunkelheit. Doch bei jedem der sieben Tore muss sie Teile davon ablegen bis sie schließlich nackt vor der Hüterin des Totenreichs steht. Erschkigal heftet das Auge des Todes an sie, beschimpft sie und schlägt sie nieder. Als verfaulendes Stück Fleisch hängt sie Inannas Leichnam an einen Haken.
Ihr Schwiegervater Enki ist gegrämt.
Unter seinen Fingernägeln brachte Vater Enki Schmutz hervor.
Er formte den Schmutz in ein Kurgarra, ein Geschöpf, das weder männlich noch weiblich ist.
Unter den Fingernägel seiner anderen Hand brachte er Schmutz hervor.
Er formte den Schmutz in ein Galatur, ein Geschöpf, das weder männlich noch weiblich ist13).
Er gab Kurgarra die Nahrung des Lebens.
Er gab Galatur das Wasser des Lebens."14)
Dann schickte er sie in die Unterwelt. Galatur und Kurgarra können wie Fliegen die Grenzen des Totenreichs überqueren, der Totengöttin Ereschkigal den Leichnam Ischtars abgewinnen, ihn mit Speise und Wasser des Lebens wiederbeleben und so aus der Unterwelt retten.
Doch diese mythologischen Wesen, die später auch als Kastraten bezeichnet wurden15), sind auch real. Beobachten wir doch die Parade zu Ehren Inannas, die im dritten Hymnus, "das heilige Eine" beschrieben wird. Der Festzug beginnt ...
Inanna ist eine sinnenfreudige, selbstbewusste Liebesgöttin. Dies kommt nicht zuletzt auch in den für sie verfassten Hymnen zum Ausdruck. Im dritten Hymnus, "das heilige Eine" wird eine Parade zu Ehren Inannas beschrieben. Die Beschreibung des Festzugs beginnt mit:
"Die männlichen Prostituierten kämmen ihr
Haar vor dir.
Sie schmücken ihre Nacken mit bunten Schals.
Sie drapieren den Umhang der Götter über ihre Schultern."
Als nächstes folgen die "rechtschaffenen Männer und Frauen" mit Harfen,
Schwertern und Speeren. Dann aber erscheinen wirklich bemerkenswerte Gestalten:
"Die Frauen schmücken ihre rechte Seite mit Männerkleidung.
Das Volk der Sumerer zieht vor dir auf.
Ich sage "Heil" zu Inanna, Große Göttin des Himmels.
Die Männer schmücken ihre linke Seite mit Frauenkleidung.
Das Volk der Sumerer zieht vor dir auf.
Der Festzug wird von jungen Männern, Mädchen und Priesterinnen abgerundet. Aber es gibt auch Priester:
"Die heraufsteigenden Kurgarra Priester heben ihr Schwert vor dir.
Der Priester, der sein Schwert mit Blut bedeckt, versprengt Blut.
Er spritzt es über den Thron der Hofkammer."16)
Kurgarra sind also nicht nur mythologische Wesen, sondern auch androgyne Priester und die Wächter Inannas17). Es ist naheliegend, dass sie weder Männer noch Frauen sein können, wenngleich sie im späteren Ischtar-Kult noch aufgrund ihres Ursprungsgeschlechts unterscheiden werden: Neben den kurgaru (m) treten später auch kurgarretti (f) auf18). Der Name der Gruppe von Personen, die sich "vom Fluss heraufsteigend" Inanna verehren, kann wohl nur als "Warrior Women"19) übersetzt werden. Schließlich wird Inanna selbst als Geschlechtswandler gepriesen:
Einen Mann zu einer
Frau zu wandeln
und eine Frau zu einem Mann,
das ist Deines, Inanna.20)
Die Hymne an die "Dame des Großen Herzens" berichtet auch wie Inanna Männer in
Frauen und Frauen in Männer verwandelt werden:
Im heiligen Ritus
nimmt sie die Nadel, die die Frauenkleidung fixiert,
zerbricht sie, Silber dünn, und
segnet des Mädchens Herz männlich.
Sie gibt ihr die Keule.
Um ihr dafür den Mut zu geben, spricht sie einen göttlichen Fluch,
ein umgekehrter Pesthauch aus dem Nichts geformt.
Was niemals war,
ihr scharfer Geist zerteilt die Tür hinter der die Klugheit ist
und offenbart was Innen lebt.
( ... )
Ein Mann, der sie
zurückwies,
ruft sie mit seinem Namen,
lässt ihn sich den Frauen anschließen,
zerbricht seine Keule und gibt ihm die Nadel, die die Frauenkleidung fixiert.
21)
Das zerfallende Reich der Sumerer (ab 4000 v. Chr) wird um 2300 v. Chr. vom
Akkadischen Reich unter Führung des Semiten Sargon neu vereint. Sargon's
Tochter Enhedunna erhebt unter Berufung auf die alten Kulturen Inanna zur
zentralen Göttin des bereits männlich dominierten Pantheons. Im Akkadischen -
der weit über das Mesopothanische Reich hinaus verbreiteten Handelssprache -
lebte die Sumerische Mythologie bis über das Ende des Reiches (2154 v. Chr.)
im Babylonischen Reich (bis 1750 v. Chr.) und darüber hinaus weiter. Gravuren
in Steinen berichten von Inanna, die nunmehr unter dem Name Ischtar verehrt
wird. Auch sie steigt in die Unterwelt Erschkigals hinab. Ihre Rettung wird nun
aber etwas anders dargestellt:
Als die Sonne Ischtar erneut in das Totenreich hinabsteigt, ist Ereschkigal so erbost, dass sie Ischtar in der Unterwelt festhält und die furchtbarsten Qualen über sie schickt.
Auf der Erde verlieren Menschen und Tiere jede Lust an der Begattung: "Es bespringt der Stier nicht mehr die Kuh, schwängert der Esel nicht mehr die Eselin. Auf den Strassen schwängert der Mann nicht mehr das junge Mädchen. Alle liegen für sich allen."
König Ea "in seinem weisen Herzen dachte sich ein Bild aus und erschuf Asuschunamir, einen Eunuchen." Ihm, so erklärt Ea, stehen die Tore des Landes ohne Wiederkehr offen.
Asuschunamir soll hinuntersteigen und die Totengöttin Ereschkigal betören. "Sein Aussehen ist blendend." Wenn Ereschkigal sich an seiner "Gegenwart erfreut" und "in glücklicher Stimmung ist" sollte sie Asuschunamir um das Lebenswasser bitten, mit dessen Hilfe Ischtar wieder emporsteigen kann.
Eas Plan geht auf. Asuschunamir berauscht Ereschkigal. Doch als Asuschunamir den Wunsch nach dem Lebenswasser vorbringt wird Ereschkigal wild:
"Du erbatest etwas von mir, worum du besser
nicht bitten solltest.
Komm her Asuschunamir, ich werde dich mit einem machtvollen Fluch bedenken!
Die Nahrung der Gosse in den Städten soll deine Nahrung sein,
Die Abwässer der Stadt sollen dein Getränk sein.
Der Schatten der Mauer soll dein Aufenthaltsort sein,
Die Türschwelle soll deine Wohnung sein,
Der Betrunkene und der Durstige sollen dich auf die Wange schlagen!"
Doch ihrem Wesir befahl sie:
"Besprenge Ischtar mit dem Wasser des Lebens und schaffe sie mir aus den
Augen."22)
Der Eunuch Asuschunamir kann also die Grenzen zwischen Tod und Leben überschreiten,
das Licht für die Menschheit retten und wird gerade dafür mit dem Verlust jedes
diesseitigen Genusses bestraft.
Aber Asuschunamirs Geschichte geht weiter. Auf Internet-Seiten finden wir folgenden Bericht:
Nachdem sie den Fluch ausgesprochen hatte, verbannte Ereshkigal Asushunamir.
Als Inanna vom Fluch erfuhr, der auf Asushunamir geladen worden war, weinte sie und sprach weich, so dass niemand sie hören konnte. "Die Kraft von Ereshkigal ist groß. Niemand traut sich, sie herauszufordern. Dennoch kann ich ihren Fluch auf dich erleichtern, so wie der Frühling kommt, um den Winter zu verbannen.
Diejenigen, die wie Du sind, meine assinnu und kalum und kugarru und kalaturru, Geliebte der Männer, verwandt meinen heiligen Frauen, sollen Fremde in ihren eigenen Häusern sein. Ihre Familien werden sie in den Schatten halten und ihnen nichts überlassen. Die Betrunkenen werden sie schlagen und die Mächtigen werden sie einsperren.
Aber, wenn ihr euch an mich erinnert, wie ihr vom Licht der Sterne geboren wurdet, um mich zu retten, und durch mich die Erde, von Dunkelheit und Tod; dann werde ich dich und deine Art beherbergen. Ihr sollt meine bevorzugten Kinder sein und ich werde euch zu meinen Priesterinnen machen. Ich werde euch die Gabe der Weissagung, die Weisheit der Erde und des Mondes und von allem, was sie regieren, verleihen. Und Ihr sollt die Krankheit von meinen Kindern verbannen, so wie du selbst mich aus den Fängen Ereshkigals befreit hast.
Und wenn ihr euch in meine Roben kleidet, werde ich in euren Füßen tanzen und in euren Kehlen singen. Kein Mann wird in der Lage sein, eurer Verzauberung zu widererstehen.
Wenn der tönerne Krug aus Irkalla gebracht wird, werden in den Wüsten Löwen springen, und ihr werdet vom Bann der Ereshkigal befreit sein.
Und erneut wirst du Asushunamir genannt werden, ein Geschöpf in Licht gekleidet. Deine Art soll genannt werden: Deren Gesichter leuchtend sind, Die gekommen sind, das Licht zu erneuern, Die Gesegneten der Inanna."23)
Mir ist es nicht gelungen, diese Passage weiter als bis Peter Conners "Blüte
der Gebeine" (1993) zurückzuverfolgen. Er selbst präsentiert sie als
literarischen Kapitelvorspann ohne Quellenangabe.
Offensichtlich ist hier aber einiges falsch. Asushunamir rettet Ischtar und nicht Inanna. Ebenso wenig haben kugarru und kalaturru etwas mit Ischtar zu tun.
Der Text ist zwar nicht authentisch, jedoch gut erfunden. Die Zusage der Göttin, Männern, die Frauenkleidung tragen, einen speziellen Schutzes zu bieten, war nicht nur durchgängig in der europäischen Antike, sondern ist auch bei vielen TransGender-Kulten Indiens bekannt. Im Korpus der Inanna-Texte finden wir diese Formulierung aber nicht.
Die Göttin und ihre androgynen Verehrer finden wir aber weit über die Grenzen Mesopotamiens hinaus immer wieder in der Antike: In der philistäischen Atargatis, der zypriotischen Kythereia, die später auch paphische Venus24) genannt wurde, und nach der Hellenisierung der Insel (um 1200 v. Chr.) in der griechischen Aphrodite weiterlebt, welche - wenn man Hesidot25) glauben schenkt - aus der Kastration Uranos entstand.
Um 1350 v. Chr.26) wird in Ägypten ein Mann zum Pharao gekürt, dessen Thronname als "mit vollkommener Gestalt"27) übersetzt werden kann. Auf Statuen hat er fast weibliche Brüste und eine diffuse Genitalzone, weder Phallus noch Vulva28). Der als EchnAton bekannt gewordene Regent postuliert, dass es nur eine Gottheit gäbe, die Sonnenkraft Aton, die in Form einer Sonnenscheibe verehrt wird.
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Wir kennen Aton aus unserem Religionsunterricht sehr gut: Er ist das Souvenir, das Moses aus Ägypten mitgebracht hat. Allein in der kurzen Deuteroniums-Passage, die von der Übergabe der Gesetzestafeln berichtet29), betont sieben mal die feurige Qualität des Gottes, der explizit "ein verzehrendes Feuer"30) ist.
Als Moses Israeliten Kanaan erreichten wussten die, die noch die Erinnerung an Abraham mit sich trugen, dass sie hier auf ihre urahnig verwandten Geschwister treffen würden, auf jene die sich Jakob's Zug zu Ägyptens Nahrungsspeichern nicht angeschlossen hatten31). Die spät-bronzezeitliche semitische Kultur der östlichen Mittelmeerküste, die sie hier erwartete, ist uns dank der Ausgrabungen der nordsyrischen Hafenstadt Ugarit32) bekannt. Die Tontafeln dieses Vielvölkerreichs dokumentieren nicht nur die erste alphabethische Keilschrift, sondern auch die Kenntnis von mehr als 200 Göttern. Für die Seehandelsstadt war der Sturm- und Wettergott Baal - im (as)syrischen Haddam-Baal33) - besonders wichtig.
Ugarits Haupt- und Staatsgott war jedoch El, was wörtlich mit Gott bzw. Herr übersetzt werden kann (IsraEl = Gottesstreiter). Das Bild des weißbärtigen thronenden Patriarchen ist uns bis heute im Volksglauben erhalten geblieben34). El heiratete seine drei Schwestern, die dreifache Göttin, unter denen ihm Aschera 70 Götter und Göttinnen gebahr. Aschera - bzw. Athirat und Astarte (Kanaan) - erscheint zunächst nackt mit einer Seerose und Schlangen. In Kanaan wird sie über Asherims35), Marterln36) an Bäumen, hölzerne Stelen und Steinen verehrt37).
Ihrem Göttergatten El, der auch als Stiergott auftrat, wird nicht nur Inzest und die Ermordung der eigenen Kinder nachgesagt38), vielmehr noch: "er entmannt seinen Vater und sich selbst und zwingt seinen Bundesgenossen das Gleiche zu tun"39).
Unter seinen Verehrern traten androgyne Wesen, die qedeshim - Geweihten40) - und die kelabim (sic.: Hund41)) auf. Als Tempeldiener halfen qedeshims bei Ofern und trugen die Götterstatuen42). Darüber hinaus waren sie auch für Regenzauber und andere praktische Lebensaspekte zuständig. Die Vorstellung, sie seinen Kultprostituierte, wurde längst verworfen43), unsere Bibeln kennen sie aber nach wie vor nur als "Tempelhurer"44).
Manasse, der ab 696 v. Chr. Juda regierte und nach den Assyrer-Feldzügen das Land wiederaufbaute war einer ihrer vielen Anhänger. Die Bibel beschreibt dies später missbilligend:
Er baute die Opferhöhlen wieder auf, die sein Vater Hiskia zerstört hatte, und errichtete den Baalen Altäre und machte Bilder der Aschera und betete das ganze Heer des Himmels an und diente ihnen. (...) Und er ließ seine Söhne durchs Feuer gehen im Tal Ben-Hinnom und achtete auf Zeichen und Vogelgeschrei und trieb Zauberei und bestellte Geisterbeschwörer und Zeichendeuter und tat viel mehr was dem Herrn missfiel45).
Es ist freilich nicht die "Zauberei und Wahrsagerei", die den Bibelschreibern
missfällt. Die Propheten Jahwes setzten diese Techniken selbstverständlich und,
wenn man der Bibel glauben darf, effektvoller ein46). Das eigentliche Vergehen, das Menasse vorgeworfen wird, ist
Landesverrat: Er hätte den "Assyrischen Staatskult" eingeführt. Davon kann
freilich keine Rede sein.
Zwischen der mosaischen Rückkehr und der Eroberung Jerusalems sind über 230 Jahre verstrichen47). Mehr als zehn Generationen von Israeliten hatten sich langsam in der traditionellen Kultur ihrer Ahnen assimiliert. Mit dem Beginn der Monarchie übernahmen sie selbstverständlich das theokratische Modell, das uns bereits aus Ugarit bekannt ist: der König dient der staatsmännischen Umsetzung göttlicher Pläne. Wie in Ugarit verschmolzen auch in Jerusalem Königspalast und Haupttempel. Und auch hier wurde noch im 8. und 7. Jahrhundert Aschera neben El verehrt, der nun mit Jahwe - bzw. Elohim, dem Plural von El - gleichgesetzt wird48). So findet sich die Silbe El so selbstverständlich im Name Israel wie die Wurzel Baal in Namen von Personen aus dem Klan Sauls49).
Während die Richter und König Salomon noch in sprichwörtlicher Weisheit ein harmonisches Zusammenleben im israelitisch-kanaan'schen Reich sicherten, verschärfte sich nach der Reichspaltung im 9. Jahrhundert die Kritik an dem Baalskult. Jahwes Propheten erheben die ausschließliche Verehrung ihres Kriegsgottes zur Staatsraison. Sie ermorden König Amon und setzen dessen achtjährigen Sohn Joshia (639-609 v. Chr.) als Nachfolger ein. Unter Berufung auf eine Neufassung der Bibel50) steigern die Monotheisten den Religionskonflikt zu einem Bürgerkrieg: Joshia führt ein Gemetzel an den Anhängern der "Ascherakulte" aus51). Die volkstümliche Verehrung "fremder Götter" hält aber ungebrochen bis zum Ende des Südreichs Juda an.
Der Sieg des Monotheismus vollzieht sich erst während und nach dem Babylonischen Exil. Die Schriften werden erneut mit Propaganda für Rassenreinheit, nationale Expansion und Völkermord gespickt52). Jahwe, der Gott, der sich erstmals Moses als "das Sein" offenbart, wird mit dem sumerischen El gleichgesetzt, der seit Abraham als Stammesgott, dem "Elohim Abrahams, Isaaks und Jakobs" bekannt ist. Andere Götter - insbesondere Baal - werden zwar oberflächlich zu Götzen degradiert, im wesentlichen aber in "Jahwe" absorbiert. So blieben uns etwa Davids Lobpreisungen53), die ausschließlich Symbole und Elemente des Baal-Zyklus zitieren, bis heute erhalten.
Das restaurativ völkische Element wird durch die Abspaltung des Weiblichen ergänzt. Als die Bibel geschrieben wird, haben Frauen kaum mehr etwas zu sagen. Jahwe wird von Aschera geschieden, ihr Bild wird aus dem Tempel Jerusalems gebracht und geschändet54). Der neue "Gott zeugt nicht und wurde nicht gezeugt"55). Die Asherims, die hölzerne Pfähle der Aschera, blieben Kabbalisten als Baum des Lebens56) erhalten.
Crossdresser57), androgyne Priester58) und Eunuchen59) werden von den Rabbinern verbannt. Der Berggott versprach gläubigen60) Verschnittenen ein Denkmal in seinen Tempeln zu setzen und "einen ewigen Name (...), der nicht vergehen soll"61). Doch diese Worte Jesajas haben die Schreiber des Deuteronomiums längst vergessen62).
Eine andere Form der Genitalanpassung, die offensichtlich zunächst nur von einem Teil der Priesterschaft praktiziert wurde, wurde beibehalten und sogar allgemein verpflichtend eingeführt. Das Gesetz, das der betagte Abraham in Kanaan aufgeschnappt haben soll63), verlangt die symbolische Kastration: Alle ‚wahren' Gläubigen müssen ihre männlichen Nachkommen am achten Tag beschneiden.
Die quedeshims wurden im national-völkischem Pathos der Beschnittenen absorbiert.
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Der Sieg der Monotheisten markiert eine tiefgreifende geistesgeschichtliche Revolution.
Das Göttliche, das sich bis dahin in verschiedenen Facetten in der Welt und dem Kosmos verkörperte und durch diese spezifischen Qualitäten benenn- und anrufbar war, wird in ein transzendentes Sein zurückgeworfen. Der Name und die Bilder des denaturalisierten Gottes werden tabuisiert. Die Natur wird geist- und gottlos64). Damit ist bereits das Scheitern des Monotheismus vorweg genommen:
"Der Herr" kann nicht als allumfassendes Sein, als Einheit, die alle Widersprüche in sich vereint, bestehen, sobald ihm Attribute zugewiesen werden. Doch dies passiert Jahwe allzu bald: Er wird als mächtig, eifernd, zürnend, gut und gerecht beschrieben. Er bespitzelt, züchtigt und straft "sein Volk", wie wir es von keinem anderen Gott kennen. Damit eröffnet dieser Monotheismus einen Raum der Negation, der durch einen anderen Gott, den späteren "Gott dieser Welt"65), besetzt werden muss: Baal (hebr: Herr), der als Ba'al Zebûb, dem Herr der Fliegen verspottet wird, bleibt als Belzebub, als dunkler Gott neben den "Einen" erhalten. Dem Gegner Gottes - Satan - wird das irdische und fleischliche zuteil in dem sich Jahwe nicht mehr wiederspiegeln kann.
Die Vielfältigkeit der göttlichen Einheit wird durch einen Binärtheismus ersetzt, wobei selbst dem schwächeren, abgetriebenen Teil wesentlich mehr Macht als einem der alten Götter zugebilligt wird. Die fiktive Dualität zwischen "Gutem" und "Bösem" wird durch die Binaritäten von "Körper" und "Geist" sowie "Mann" und "Frau" getragen. Es geht schließlich längst nicht nur darum alle Zwischenformen zu verleugnen, sondern auch darum Frauen als Geschöpfe des sündigen Fleisches zu stigmatisieren. Deutlich sagt es der Koran: "Menschen, die Gott andere Götter beistellten (...) betet zu nichts als weiblichen Wesen und sie beten zu nichts als einem rebellischen Satan"67).
+)
Dem Ritterordern der Templer wurde von den Inquisitoren neben Homosexualität auch Satanismus vorgeworfen: Sie sollten einen brust-keuligen gehörnten Satyr, den Baphomet, verehren. Raven Kaldera empfiehlt BiGenders die Anbetung dieser wollüstig-andogynen Gottheit zur Integration der eigenen Perversion68).
Was freilich den Bibelschreibern des Hellenismus noch lange nicht gelang, war eine weltweite Vernichtung des crossdressenden Priestertums. Die Priesterinnen der Aphrodite waren Frauen und TransFrauen.
Herodot berichtet, dass Astarte den Skyten - einem südrussisch-ungarischem Reitervolk - die Weibskrankheit gebracht hatte, nachdem sie ihren Tempel in Palästina geplündert hatten69): verweiblichte Männer lebten als Frauen. Sie genossen Hanf und waren für ihre Weissagungen geachtet70).
Die alten Traditionen lebten noch weiter: Dionysos "der weibliche" - von dem wohl zurecht unterstellt wird, dass er zunächst eine Göttin war - trug Frauenkleidung. Kastrierte Priester treten uns in den Kulten der Attis und der Kybele71), der Artemis-Diana Verehrung von Ephesos entgegen. Heute ist evident, dass androgynes Priestertum in der Antike zwar nicht selbstverständlich aber bei weitem keine Ausnahme war.
Das Christentum knüpft an diese Tradition an, indem es die Überwindung des Fleischlichen und engelshafte Wesen propagierte. Selbstkastrationen waren selbst im Frühchristentum so verbreitet, dass das Konzil von Nicäa 325 diese Praxis explizit verbieten musste72). Mit wenig Erfolg: Der Kodex Justinianus (um 530 n. Chr.) musste Kastrationen erneut verbieten. Die auch in der Westkirche anhaltende Praxis der Entmannungen wird unter anderem durch den im Mittelalter gebräuchlichen Begriff ‚mönchen' (für kastrieren) belegt. Bis heute wird die genitale Unversehrtheit neu gewählter Päpste überprüft73).
Zwar ist die Kirche davon abgegangen, sich von Kastratengesängen betören zu lassen, zur Kür der Geistlichen zählt es aber nach wie vor Messgesänge in eunuchenartige Höhen zu falsettieren. Die Kleidung von Priestern und Mönchen hat deutlich stärkere feminine als maskuline Züge. Zwar werden ihre Talare oft als historisch tradierte Männerkleidung verharmlost, als sie 1811 durch die Kabinettsorder König Friedrich Wilhelm III als liturgische Amtstracht verankert wurden, trugen Männer aber schon längst keine Tunika mehr, sondern Hosen.
Verkörpern nicht auch katholische Priester dasselbe Geschlecht, das laut Parpola die Ischtar-Priester repräsentierten: "Androyne Personen jenseits jeder Leidenschaft des Fleisches."74)? Vermittler zwischen Mensch und Gott müssen nach wie vor ihren urwüchsigen Geschlechtsstatus überwinden. Sie sollten weder die Konkurrenz zu Menschen des eigenen Ursprungsgeschlechts noch das Begehren des anderen Geschlechts kennen. Sie bleiben kinderlos und treten aus der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung heraus.
Wer ein ‚drittes Geschlecht' im konservativen Europa sucht, wird im klerikalen Leben genug Evidenz dafür finden.
Auch im Nordeuropäischen Kulturkreis gibt es genug Hinweise für Geschlechtsmigration bei Göttern. Nicht nur Arjuna, der Geliebte Krishnas, sondern auch Odin lebte ein Jahr als Frau.
Odin's Blutsbruder75) (später auch Adoptivsohn) Loki verkörpert wie kein anderer nordische Gott den Aspekt des Formwechslers, wobei er wiederholt als Tier oder als Frau in Erscheinung trat.
So nahe sich Loki und Odin in der späten Edda auch standen, so unterschiedlich ist ihre Geschichte.
Loki gehörte zum Göttergeschlecht der Wanen, einer subarktischen megalithischen Ackerbaukultur, die in Skandinavien um 9000 v.Chr. eingewandert war76). Ihre Welt wurde von Göttinnen und Prieserinnen und schamanistischen Elementen dominiert. Männer traten im Seidr-Zauber hervor: Sie zogen zu religiösen Festen, traten dort als Frauen und in Tierkostümen auf, prophezeiten, waren als Wettermacher gefragt. In Trance- und Trommelritualen nahmen sie Kontakt zu Naturgeistern und Verstorbenen auf. Der Fluch der Seidr-Zauberer führte Feinde in den Wahnsinn.
Auch Odin erlernte den Seidr-Zauber, aber er gehörte zum indogermanischen Göttergeschlecht der Asen. Die Viehzüchter waren vom Osten kommend um 2000 v. Chr. in Nordeuropa eingefallen.
Das Zusammentreffen der Kulturen wird im Mythos der Wanenkriege beschrieben: Die im Kampf unterlegenen Asen waren gezwungen sich dem Zauber der "schlechten Frauen" zu beugen77), d.h. den Wanischen Schamanismus zu akzeptieren und anzunehmen. Der Mythos spiegelt das Unvermögen des indogermanschen Reitervolkes wieder, die seeerfahrenen Skandinavier in der Inselwelt der Ostsee zu unterwerfen. Durch die über Jahrhunderte andauernde Symbiose zwischen den Völkern wird Loki im Geschlecht der Asen anerkannt.
Die Seidr Kultur lebt weiter. Wir finden nun auch Darstellungen von Männern ohne äußere Geschlechtsorgane. Die bei Indogermanen weit verbreitete rituelle Kastration von Pferden kann auf einen Opferkult für die Göttin Skadi (später Mörnir) - der winterliche Aspekt der wanischen Zentralgöttin Freya78) zurückgeführt werden. Nun aber übernimmt Odin - wie auch sein Beiname Wallach zeigt - die Position des kastrierten Sakralkönigs79).
In der Wikingerzeit gewinnt Odin jedoch seinen dominanten Platz im Pantheon zurück. Loki wird immer öfter der Gaunerei und Betrügerei verdächtigt. Der Seidr Zauber gerät als Schadenszauber in Verruf und wird verfolgt. Das einzige anerkannte Gegenmittel ist das Runenritzen, eine Technik des Galdr-Zaubers der Asen.
Zur Zeit der Christianisierung ist weibliches Priesertum noch weit verbreitet80). Der Seidr Zauber ist aber bereits gebrochen. TG-Zauberer werden nun als Ergi-Prieser bezeichnet: ihnen wird unzüchtiges und schändliches - wie unser Wort ‚arg' noch zeigt - Verhalten vorgeworfen. Die Spekulation wonach Geschlechtsüberschreitung mit Versenken im Moor und Pfählung bestraft wird81), wird im Nationalsozialismus als Beweis für "den Trieb des Volkes zur Reinhaltung"82) gefeiert.
Für die Christen wird Loki zu Luzifer, der Verkörperung allen Übels.
In der nordischen Mythologie verschwanden die Grenzen zwischen TransGenderismus und Schamanismus. Heute müssen wir uns fragen, ob es diese denn ursprünglich gegeben hat. Dazu wenden wir uns zunächst dem Phänomen des Schamanismus zu:
Der Begriff Schamanismus stammt von sibirischen Tungusen "shaman". Diese Schamanen legten Frauenkleidung an, Crossdressing wurde in der Kultur nur akzeptiert, wenn die Person auch tatsächlich zum Schamanen wird83).
Das Phänomen ist in der ethnologischen Literatur ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ausführlich beschrieben und diskutiert worden. Erst später - etwa 1983 in Gehrt's Auflage von Hans Findeis klassischem Werk - wurden Kapitel über Geschlechtswechsel gelöscht84).
Während Schamanen in verschiedenen Kommunitäten unterschiedlich bezeichnet werden, werden in weiten Teilen Ostasiens ähnliche Bezeichnungen für Schamaninnen verwendet85). Je nach Landessprache kann der Begriff auf ‚Göttin', ‚Hausfrau' oder ‚Erdmutter' (Mongolisch) zurückgeführt werden. Demnach dominieren Frauen nicht nur den Schamanismus, sondern dürften auch seine ursprünglichen Vertreter gewesen sein. Männer haben sich im männerbündlerischem Priesertum besser profiliert.
Auch im tibetisch-chinesischen Grenzland und in Korea finden sich nur CrossDresser unter den Besessenheitsschamanen86). Sie werden als Frauen angesprochen und benehmen sich so.
Aus China und Indien ist bekannt, dass die Schamanen von Göttinnen besessen sind, die durch diese auch ihre Weiblichkeit verkörpern wollen. Mircea Eliade (1965) spekulierte, dass der Transvestitismus eine Annäherung an die ‚Göttin' darstellt. Schließlich stehen diese Traditionen zumeist in dichterer Beziehung zu Göttinnenkulten als zu Göttern. Die Interpretation des Religionswissenschafters ist nicht geeignet den Mann-als-Frau Schamanismus in indisch Savara (Orissa), Japan und Borneo zu erklären, wo die Schamanen als Frauen mit männlichen Geistwesen leiert sind87).
Die Identifikation mit anderen Menschen oder Tieren wird oft durch Imitation - etwa das Tragen von Tierkostümen - ausgedrückt. Gisela Bleibtreu-Ehrenberg schließt daraus, dass Männer weibliche Kleidungsstücke "aus Liebe zu den Frauen schlechthin" anlegen88).
Der Schamanismus umfasst eine Vielzahl von Techniken um Ekstase bzw. veränderte Bewusstseinszustände zu erreichen89). Schließlich ist der Schamane Vermittler zwischen dieser und der jenseitigen Welt, Magier und Medizinmann. Schamanen heilen zumeist indem sie Seelen rufen und begleiten. Sie übernehmen neben anderen Personen sakrale Aufgaben, bleiben aber, nicht zuletzt wegen ihrer Drogenkenntnis, immer die großen Meister der Ekstase.
Die Berufung zum Schamanen kann vererbt werden, tut sich aber zumeist durch die für den Schamanismus charakteristische "Schamanenkrankheit" kund. Diese manifestiert sich in mehreren Stufen:
1) Schamanen fallen schon als Kinder durch intensives Phantasieerleben und hohe Sensibilität auf. Letzteres steigert sich zumeist während der Pubertät90).
2) Sie suchen die Einsamkeit.
3) Sie kennen ein dubioses Gefühl berufen zu sein. In allen Kommunitäten ist bekannt, dass Schamanen, die sich diesem Ruf widersetzen für sich und ihre Familie Unheil bringen.
All diese Phänomene sind bei TransGender-Personen häufig zu beobachten. Es ist bekannt, dass Transsexuelle, die sich länger "ihrem inneren Ruf" widersetzen, oft schwer erkranken.
Der ‚Schamanismus' bricht mit relativ einheitlich beschriebenen Visionen des künftigen Schamanen aus. Dabei erleben diese einen erschreckenden "Abstieg in die Unterwelt91)":
4) Diese Krise macht sich durch mentale Unzulänglichkeit, hysterische Anfälle, ungewöhnliche Visionen, das Hören von Stimmen und Zustände der physischen Qual92) bemerkbar.
5) Sie steigert sich zu Trance mit völliger Weltabgewandtheit und Empfindungslosigkeit93).
6) Die Betroffenen berichten ihre Erfahrungen in dieser Phase zumeist ähnlich: Geister zerstückeln ihre Körper. Mit Eisenhaken werden die Gelenke auseinander gezerrt. Das Fleisch wird von den Knochen getrennt.
7) In der Phase der Wiederbelebung werden die Knochen mit neuem Fleisch bekleidet.
8) Um die Funktion als Schamane auszuüben fehlt nunmehr nur mehr die Anerkennung und der Unterreicht durch einen anderen Schamanen.
Bei TransGender-Personen wurde häufig eine Dissonanz zwischen physischem Körper und erlebtem Leib berichtet94). Mir sind jedoch keine Berichte von den letzten Stufen der Schamanenkrankheit bei TransGender-Personen bekannt. Damit stimmen wir mit den heute im Westen beliebten Plastik-Schamanen überein. Ich fürchte, dass dies für die Position von TransGenders als neue Schamanen eher förderlich denn hemmend ist.
Die Nordamerikanische Kultur kennt keinen Schamanismus95), sondern nur besondere Heilerpositionen. Geschlechtswechsel ist jedoch weit verbreitet und oft, aber nicht notwendigerweise, mit spirituellen Funktionen verknüpft96). Die soziale Wertschätzung von TransGender-Personen steigt mit deren rituellem Engagement.
Die ‚Nadleehi' (wörtlich: "die Veränderten") der Navajos wurden besonders hoch geachtet und als Heilige97) gesehen. Sie verkörperten und garantieren das Wohl des Stammes. Im Jahr 1935 wurde noch eine weiße Familie Zeuge, als Kahr - ein Navajo Nadleehi - mit zum Gebet geöffneten Händen und lautem Gesang einen Zyklon stoppte98).
Die 'sogenannten Frauen' der Lakota, die Winkte, sind auf Prophezeiungen und das Finden von Kraftnamen spezialisiert. Sie lebten in größeren Gemeinschaften am Rand der Siedlungen99). Doch mit der Reservation und Christianisierung wurden sie zu maskulinem Auftreten gezwungen, verließen die Reservate oder begingen Selbstmord100). Nach dem ersten Weltkrieg wurden ihre Namensgebungszeremonien von Kriegsveteranen durchgeführt101). Heute werden junge TGs von anderen Indianern eher misshandelt als verehrt, weshalb viele die mörderische Prostitution in den Städten dem tristen Reservationsleben vorziehen102). Eine Anerkennung ihrer Weiblichkeit durch andere Indianer bleibt ihnen schließlich noch immer verwehrt: Als Personen des Dritten Geschlechts müssen sie damit zurecht kommen in den Reservaten hartnäckig als ‚Er' bezeichnet zu werden.
Dennoch gibt es in der Öffentlich stehende Winkte, etwa Florentine Blue Thunder, deren Sonnentanzplatz oft als einer der schönsten Orte für dieses Ritual gepriesen wurde.
Ob jemand für ein Leben als 2-Spirit103) bestimmt ist, zeigt sich in Träume, Visionen und wird in speziellen Ritualen offenkundig. Ethnologen haben dies immer wieder bestätigt104). Umso verblüffender ist da das Interview mit der Chow Boto Osh-Tisch105), die dies alles von sich weist: "Hat dir jemals ein Geist geboten es zu tun?" "Nein! Habe ich dir nicht gesagt - das ist mein Weg? Ich hab' es getan seit ich mich erinnere, weil ich es tun wollte. Meine Eltern haben's nicht gemocht. Sie peitschten mich aus, nahmen mir meine Mädchenkleidung weg und steckten mich in Bubenzeug. Aber ich warf sie weg. Und ich bekam Mädchenkleidung und Puppen zum spielen."106)
Bei Indianern werden Menschen "die ihren Weg gehen" wesentlich höher geachtet als bei uns. Auch dann, wenn es ein Weg ist, den man selbst gar nicht schätzt. "Seinen Weg gehen" ist sicher überzeugender und anerkennenswerter als das Ergebnis eines Rituals oder ritualisierten Geschlechtstests. Obgleich solche bei Indianern beobachtet wurden, ohne das Wissen des "eigenen Weges" könnten sie die wirkliche Überzeugung über den Geschlechtsstatus wohl nie gewährleisten.
In Respekt vor der schriftlosen indianischen Kultur möchte ich hier die Literaturanalyse beenden und meine eigenen Erfahrungen einbringen. Es ist vielleicht wenig bekannt, dass TransGenders von Geistmenschen wie Medizinmännern und Schamanen107) ein besonderer Respekt entgegengebracht wird. Ich selbst hatte die Möglichkeit an mehreren Seminaren mit dem Lakota Medizinmann Archie Fire Lame Deer teilzunehmen108). Archie forderte bei jedem Treffen die Männer dazu auf mich zu achten und mein Auftreten als Frau nicht zu verspotten. Es sei, so meinte er einmal, ein Ausdruck besonderen Respekts vor allem Weiblichen.
Archie Fire Lame Deer betonte, dass Winkte eine besondere Beziehung zur Schönheit hätten, "weil sie bei allem was sie tun beten." Er beschrieb, dass er einmal eine von einer Winkte erzeugte Trommel gesehen hatte, die nicht nur in ihrem Aussehen sondern auch in ihrem Klang außerordentlich war. Die Perlenstickereien und Wandteppiche von Winkte wurden immer wieder gepriesen.
Ihr Weg ist, wie Archie F. Lame Deer sagte, der Weg der Tränen. Es ist kein leichter Weg, und sicherlich nicht begehrt. Viele Medizinmänner fürchten sich vor der Berufung zur Winkte. Und doch ist es so, dass sie auch als Winkte gelebt haben müssen, bevor sie als Wisaca Wankan, als vollständige ‚heilige' Medizinmänner anerkannt werden.
Resümieren wir: Wir haben gesehen, dass frühe Spiritualität und Schamanismus fast untrennbar mit Geschlechtsüberschreitung verbunden sind. In den Tempeln der Göttinnen finden wir immer wieder androgyn auftretende Männer, doch enden diese Traditionen immer mit dem Sturz der Göttin durch maskuline Priesterkasten. Nichtsdestoweniger hat das Priestertum bis heute seine geschlechtsambivalenten Aspekte bewahrt. Offensichtlich ist die uneingeschränkte Verkörperung von Männlichkeit mit der verzehrenden Sehnsucht nach Transzendenz, Hingabe, Demut und einem sakral-spirituelles Leben unvereinbar; sowohl für die Suchenden als auch für deren gesellschaftliche Anerkennung als Gottesdiener.
Daraus folgt freilich noch nicht, dass TransGender-Personen für solche Wege prädestiniert wären. Aufgrund meiner Erfahrung vermute ich - ohne jede statistische Gewissheit -, dass die Neigung zur Esoterik bei TransGenders etwas stärker ist als in der übrigen Bevölkerung. Es gibt genug TransGender-Personen, die diese Themen strikt als irrational zurückweisen. Und doch haben alle einen Geschlechtswechsel durchlebt, kennen die Wiedergeburt während des Lebens und die Überwindung des Körpers, womit sie Erfahrungen gemacht haben, die anderen Menschen völlig fremd ist. Derzeit ist diese Erfahrungen aber (noch) so stark von Traumata sozialer Ausschlüsse überlagert, dass die Magie des Geschlechtswechsels wohl nur ansatzweise erfahrbar wird. Patrick Califia109) hat wohl recht, wenn er meint, dass unsere TG-Gemeinschaften für diese Entwicklung einen warmen, sicheren sozialen Raum bieten müssten. Wir müssen einander unterstützen.
Die Zeit, in der sich TransGender-Personen ohne soziale Vorbilder ‚in die Welt setzen' mussten geht dank der Vernetzung zu Ende. Damit kann auch die erste notwendige Bedingung für die institutionell anerkannte spirituelle Arbeit von TransGender Personen erfüllt werden: Wo immer TransGender Personen in Riten auftraten, wurden sie als Drittes Geschlecht wahrgenommen, und das wird wohl auch in Zukunft nicht anders sein. Transsexuelle, die ihre Vergangenheit verleugnen, kommen hierfür kaum in Betracht. Für die Wahrnehmung spezifischer sozialer Aufgaben müssen TransGender Personen ihre Androgynität offen strahlen lassen.
Sozial institutionalisierte Spiritualität setzt aber auch bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen voraus. Die binäre Dogmatik, die Göttliches auf Schwarz und Weiß und Menschliches auf Mann und Frau reduziert, kann keinen Platz für weiteres bieten. Transzendenz heißt die Dualität von Geist und Natur, Form und Substanz, ja Mann und Frau als Illusion zu überwinden. Es ist "weder dies noch das", das die Grenze zwischen Leben und Tod überschreitet. Doch dafür bieten monopolistischen Monotheismen keinen Platz.
Wir dürfen dieses Risiko nicht unterschätzen: Die Idee einer spezifischen Spiritualität von TransGender-Personen wird in unserer Kultur mit Heidentum110) und verworfener Magie assoziiert. Bevor Hollywood einen Film über betende Hijras produziert, werden wir wohl noch Dutzende Kassenschlager mit pervertiert mordenden TransFrauen zu sehen bekommen. TGs sind prädestinierte Magier: sie erscheinen fremd, unverständlich und daher verdächtig böse. Im Binär-Theistischen Feld werden alle, die sich nicht entsprechend der dualen Dogmatik verkörpern, mit dem teuflischen Pol assoziiert. Aber müssen wir wirklich die Jüdisch-Kaldera'sche "Wahrheit" auf uns nehmen, wonach "Gender Bending111) die ultimative Sünde unserer Kultur"112) ist?
Wir müssen nicht mehr für die Fehler unserer Geschichte büßen. Die Monarchen brauchen keine Götter mehr, und all die ihnen folgenden Regime auch nicht. Die Appelle der Weltkirchen zur Beendigung der Kriege verhallen im Bombendröhnen. Das männerbündlerische Priestertum torkelt zwischen Blutrausch und Verkalkung. Wir werden es wohl nicht einmal erleben, dass der Papst und andere Schriftanbeter wegen ihrer alttestamentarischen Aufrufe zum Genozid angeklagt werden. Wir können sie einfach vergessen, so wie sie ihre Geschichte vergessen haben.
Wenn wir Gott als allumfassendes - all seine Widersprüche vereinendes - alle Götter umfassendes und über das Alles hinausgehendes Sein erkennen wollen, so nähern wir uns einer Singularität, die sich jeder Betrachtung entzieht. Keine Eigenschaft kann an ihr halten. Kein Gesetz kann ihr entsprechen. Kein Wort kann sie beschreiben, so wenig wie alle Worte der heiligen Schriften. Doch das Herz mag ihm folgen und mag dafür Gründe haben, die der Verstand nicht kennt.
Wenn alle Worte zu kurz greifen, ist es da nicht müßig zu fragen, welche Worte verwendet werden? Wenn Göttliches in und jenseits allen Seins ist, ist es dann nicht töricht es in der Natur zu negieren? So wenig, wie Worte ein Gebet ausmachen, so wenig ist Gott das Kreuz. Und doch können die, die sich nach einer Präsenz des Göttlichen sehnen, dieses überall, in Bäumen, im Lingam, ja selbst im Kreuz finden. Freilich, die Qualität und Intensität der Codes lebt von der Wunschproduktion, doch das Licht ist nicht das Beleuchtete.
Göttliche Transzendenz entzieht sich per se binärer Logik und kapitalistischer Verwertbarkeit. Jede Religiosität die auf Rassen, Volksgruppen, Arbeit oder einer anderen Ordnung der Einschreibungen und Verbannungen beruht, steht einer Erfahrung des Herzens entgegen.
Die Realität ist zu vielfältig. Weder die Aufrechterhaltung der Geschlechterordnung noch der Zwang zur Geschlechtskonformität kann sich auf Götter berufen, die mehr wunderbares und exotisches geschaffen haben, als unsere Sprache zu fassen vermag.
Mit der Öffnung der Geschlechts- und Glaubensordnung müssen jetzt eigene geschlechtliche und spirituelle Erfahrungen über die erodierten Dogmen wachsen. Menschen, die ihrem inneren Ruf folgen, werden nicht mehr in Gottes Namen im Sumpf dubioser Gesetze erstickt. Können sie nun zu den Trägern einer neuen Spiritualität werden?
Nach Patrick Califia113) macht diese Entwicklung nur Sinn, wenn wir uns über Gender-Kategorien hinweg die Hände reichen können. Ein Elitebewusstsein wäre dafür wohl mehr als schädlich.
Ich bin kein auserwählter Jude, ich bin kein Herrenmensch. Und ich möchte auch nicht mehr TransGender sein, wenn dies heißen sollte anderen den Blick zur Sonne zu verstellen.
Wichtige und empfehlenswerte Literaturquellen wurden mit Links zu amazon.de unterlegt.
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1 ) Der vorliegende Text ist
eine Langfassung des Manuskripts zu dem gleichnamigen Vortrag im Rahmen der
Veranstaltungsreihe free gEnde(r) (12.06.2006, Wien).
Vorliegende Web-Version zuletzt geändert am .
Text als PDF-Datei hier verfügbar.
2 ) Der Vatikan schloss 2000 Transsexuelle vom Zugang zu Orden und zur Priesterschaft aus und deklarierte sie als eheunwürdig (siehe http://www.kath.net/detail.php?id=4317). Geschlechtsumwandlungen werden nicht anerkannt, die Taufmatrikel dürften nicht geändert werden (siehe http://www.kath.net/detail.php?id=4202 und http://www.rainbow.or.at/news/1044246297).
3 ) TransMission X, Wien, AidsHilfe Haus, 5. November 2005.
4 ) Patrick war als Pat Califia wohl zur bekanntesten Autorin über lesbischen Sex, Butches und Sadomasochismus geworden, bevor er sich entschloss Mann, TransGender Aktivist und schließlich auch wohl zum besten TG-Chronologist zu werden (P.C. 1997).
5 ) Kaldera R. (2001), S. 14.
6 ) wörtlich: Herz-Hain Kirche.
7 ) Kaldera R. (2001), S. 35,
ohne Quellenangabe.
Indiens vielfältige Formen geschlechtsambivalenter Priester und Sadhus stehen
allesamt in vishnuistischer Tradition. Vergleichbares ist dem Shivaismus fremd.
8 ) "Dieses Buch versucht nicht zwischen historischen und daher ‚seriösen' und ‚illegitimen' Mythen aus persönlichen Offenbarungen zu unterscheiden, da ich glaube, dass uns jeder Mythos (...) etwas zu sagen hat" (ebd. S. 123).
9 ) ebd. S. 27/28
10 ) 10.000 bis 4.000 v. Chr.
11 ) Innanas ausgeblasstes Bild erlaubt es, dass sie heute auch dem Morgen- und Abendstern sowie dem Mond zugeordnet wird.
12 ) Die Akkader hatten um 2340 v.Chr. im Land zwischen Euphrat und Tigris ein Großreich errichtet und somit die frühe Sumerische Herrschaftsperiode beendet.
13 ) Ischtars Abstieg in die Unterwelt, zitiert nach V. Zingsem (1999), S. 47. G. Taylor (2000, S. 73) mutmaßt, dass diese Wesen "vermutlich die Eunuchen" sind "mit denen sie im Fortgang der Handlung deutlich in Verbindung steht."
14 ) V. Zingsem (1999), S. 47.
15 ) V. Zingsem (1999), S. 21.
16 ) Zitiert nach Diana Wolkenstein & Samual Noa (1983), Inanna, 3. Hymnus, 98 f.; auch Hymnus "Inana und Iddin-Dagan A" laut ETCSL Übersetzung t.2.5.3.1; http://etcsl.orinst.ox.ac.uk/cgi-bin/etcslmac.cgi?text=t.2.5.3.1#
17 ) J. Ochshorn (1996), S. 52.
18 ) H. Baumann (1955), S. 31.
19 ) Hymnus "Dame des großen Herzens" übersetzt nach B. Meador B. (2000) S. 133. Eine vergleichbare Stelle ist aus der ETCSL Übersetzung des Hymnus 3 an Inanna, Verse 209 ff, nicht auffindbar (siehe http://etcsl.orinst.ox.ac.uk/section4/tr4073.htm).
20 ) Fels E. (2005), S. S52. Nach "Eine Hymne an Inanna", Electronic Text Corpus of Sumerian Literature, Katalog 4.07.3; Vers 119 - 121, http://etcsl.orinst.ox.ac.uk/catalogue/catalogue4.htm
21 ) Enheduanna, "Lady of the Largest Heart", nach Betty De Shong Meadows (2000), S. 123 f.
22 ) Quelle: Ischtars Abstieg in
die Unterwelt, etwa 1848 v. Chr.
Originalzitate in Anführungszeichen nach der Übersetzung von Pritchard (1973,
S. 83 ff.) bzw. V. Zinsem (1999, S. 65 f.)
23 ) Quelle: Randy P. Conner: Blossom of the Bone (1993), S. 64f. Übersetzt von Roibin 2002: http://www.inanna.de/mythen.html
24 ) Ihr Haupttemple lag in Paphos auf Zypern.
25 ) ca. 700 v. Chr.
26 ) Der Beginn der Regierungszeit wird unterschiedlich zwischen 1353 und 1340 v. Chr datiert. Das Ende dürfte zwischen 1336 und 1324 v. Chr. gelegen sein.
27 ) Übersetzung des Krönungsnames Nefer-cheperu-Re.
28 ) Der Satz wurde - mit eiern Auslassung von (2006), S. 118 übernommen.
29 ) 5. Moses 5. Explizite Sonnenverweise finden sich u.a. auch in 5. Moses 33.2 und Ps. 84.12. Berichte von Gottes leuchtendem Gesicht finden wir u.a. in 4. Mo 6.25. Ps.31.17 67.2 und Ps 80. Sie divergieren deutlich von der Beschreibung der Sonnengöttin der traditionellen Ugarit'schen-Kanaan Kultur (M.S. Smith (2003), S. 203).
30 ) 5. Moses 4.24.
M. S. Smith (2002, S. 202) postuliert, dass die solare Sprache ist typisch für
den ältern Korpus der Literatur ist. Sie ist freilich nicht die einzige
Darstellung Gottes. In 2. Moses 19 und 20, wo ebenso die Übergabe der Gebote
beschrieben wird, tritt uns eindeutig ein Berggott gegenüber. Diese Passage erschein jedoch insofern älter zu sein, als das hier enthaltene Verbot des Altar- und Tempelbaus aus behauenem Stein schon mit der Monarchie (ab 1000 v. Chr.) außer Kraft gesetzt worden ist.
31 ) Nur 70 Personen aus den Familien Jakobs und Israels waren Josefs Einladung nach Ägypten gefolgt (1 Moses 46.26).
32 ) Die seit dem 7. Jahrtausend bekannte Siedlung entwickelte sich im 2. Jahrtausend zur zentralen See-Handelsstadt. Ihre wirtschaftliche Blüte erlebte das sakrale Königreich zwischen 1500 und 1200 v. Chr. 1185 v. Chr. wurde sie vermutlich von phönizischen Seefahrern völlig zerstört.
33 ) V. Zingsem (1999), S. 100. Baal entspricht dem mesopotanischen Wettergott Hadad/Adad, Sohn des En, der bereits im Gilgamsh Epos genannt wird.
35 ) Schreibweise und Übersetzung nach Elberfelder Bibel (2006, S. 367). M.S. Smith (2003) verwendet den Ausdruck Ascherahs.
36 ) Bundesdeutsch Bildstöcke, jedoch ohne Bildnis.
37 ) Die Aschera der Bibel ist wesentlich stärker von Ischtar und der Phönizischen Astarte - der Göttin Sidons (1 Könige 11.5, 33.2 u.a.) - als von der Ugaritschen Göttin beeinflusst. Im Gegensatz zu den ersten Beiden wurde Letztere nie als Himmelsgöttin angerufen (M.S. Smith (2003), S. 127).
38 ) Die Opferung von Kindern war im Mittelmeerraum weit verbreitet. Zum rituellen Opfer für die Hauptgottheiten El und Jahwe (Hes 20.25-26) wurden wie bei Tieren nur Männchen, insbesondere Erstgeborene gewählt (M.S. Smith (2003), Kap. 5.3).
39 ) W. Keller (1989), S. 256.
40 ) Elberfelder Bibel 5. Moses 23. 17 u.a. H. Niehr (2004, S.61) führt den Begriff qdšm auf die Wurzel qdš zurück. .R. P. Conner (1993, S.76) übersetzt den Begriff mit "Heilige".
41 ) Sinngemäß Tempelprostituierte. Daher stammt auch der Bibelbegriff Hundegeld (5 Mo 23.19).
42 ) H. Niehr (2004), S.62.
43 ) H. Niehr (2004), S.61.
44 ) Im Gegensatz zu anderen Passagen übernimmt die Elberfelder auch in 2 Kö 23.7 diesen Begriff.
45 ) 2. Chronik 33.3-6, verfasst um etwa 300 v. Chr.
46 ) s. etwa 1. Könige, 18.
47 ) Das Eindingen der Israeliten in Kanaan wird mit rund 1230 v. Chr. datiert. Jerusalem wurde knapp nach 1000 v. Chr. erobert.
48 ) In den westsemitischen Sprache ist El die allgemeine Bezeichnung für Gott. Die Juden konnten damit gar nicht zwischen El und Jahwe differenzieren. Ob sie El oder Jahwe anriefen machte so viel Unterschied wie wenn heute Christen "Gott" oder "Jesus" rufen.
49 ) Jerubaal, Eshbaal, Meribaal etc. Siehe M. S. Smith (2002), S. 46.
50 ) Dem Hohepriester Hilkija wurden die gesamten Tempelvermögen übergeben, damit er alles "ausbessern was baufällig ist am Hause" des Herrn. Dieser antwortete: "Ich habe ein Gesetzbuch gefunden im Hause des Herrn". (2. Könige 22.8).
51 ) 2 Könige 23,4.
52 ) siehe etwa Josua 23.
53 ) Psalm 18 und 2. Sam. 22.
54 ) 2 Könige 23, 6.
55 ) Koran, Sure 112, Vers 3.
56) siehe M.S. Smith (2003), S. 133 ff.
57 ) 5. Moses 22.5.
58 ) 5. Moses 23.17 und, darauf bezug nehmend, 4 Moses 18.14.
59 ) 5. Moses 23.2: "Kein Entmannter oder Verschnittener soll in die Gemeinde des Herrn kommen."
60 ) Das Glaubenskriterium ist das Feiern des Samstags und das Festhalten am völkisch-theologischen Bund (Jes 56.4).
61 ) Jes 56.4-5
62 ) Hier verwies Jesaja deutlich auf El. An mehreren Stellen werden seine "für alle Völker" (Jes 56.7) offenen Bergtempel angesprochen. Die Eunuchen selbst werden mit Asherah-Standbildern - "ein dürrer Baum" (Jes 56.3) - gleichgesetzt.
63 ) Gen 17, 10-14.
64 ) 2. Moses, 20.4-5 und 5. Moses 5.8-9: "Du sollst die kein Bildnis (Götterbild) noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht."
65 ) 2. Kor. 4.4.
66 ) Lucifer (lat.) = Venus.
67 ) Sure 4, Die Frau, Vers 117.
68 ) R. Kaldera (2001), Kap. 7: "Baphomet - Sacred Perversions". S.117 - 135.
69 ) Zitiert nach Gisela Bleibtreu-Ehrenberg (1984), S. 179.
70 ) Hippokrates Spekulation, wonach das Reiten impotent mache, diente noch im 17. und 18. Jahrhundert noch als Erklärung für das häufige Auftreten von TransGenders in Lateinamerika. Das TransGender-Phänomen war zu dieser Zeit schon längst vom europäischen Erdboden verschwunden. Anstatt groteske Spekulationen anzustellen - TGs gab es in Lateinamerika weitaus länger als Pferde - hätte man nur in der eigenen Geschichte und Mythologie nachlesen brauchen.
71 ) Anatolische Göttin, die in Form von Steinen seit dem 7. Jhdt. v. Chr (P. O. Scholz, P. O. (1997), S. 62, von Plutarch, De civitate Dei 7, 26, im 5. Jhdt. beschrieben) u.a. von kastrierten Priesern in Frauenkleidern (Gallio) verehrt wurde. Der Kult der Großen Mutter wurde 204 n. Chr mit der Überführung ihres schwarzen Meteorits aus dem Kybele-Tempel aus Pessinus (Kleinasien) - in Rom eingeführt.
72 ) P. O. Scholz, P. O. (1997), S. 152
73 ) P. O. Scholz, P. O. (1997), S. 245
74 ) Parpola S. xxxiv; zitiert nach Meador B. (2000) S. 184.
75 ) Peter Randy Conner (1993), S. 156.
76 ) Gisela Bleibtreu-Ehrenberg, (1981), S. 58 ff.
77 ) ebd. S. 57.
78 ) Ohne die Fragwürdigkeit der Abstammungslinie zu diskutieren sei darauf hingewiesen, dass Freya mit der unter den Asen bekannten Frigg, der Gemahlin Odins, und Aphrodite bzw. Venus gleichgesetzt wird. Ihnen allen ist der sechste Wochentag (früher Freytag) gewidmet.
79 ) ebd. S. 119 f.
80 ) Bleibtreu-Ehrenberg, G. (1981), S.66.
81 ) Bleibtreu-Ehrenberg, G. (1981), S. 155.
82 ) Karl von Amira (1922) zitiert nach Bleibtreu-Ehrenberg, G. (1981), S. 22.
83 ) Bleibtreu-Ehrenberg, G. (1981), S.85.
84 ) Heino Gehrts im Vorwort zu Findeis H. (1983), S. 18.
85 ) Czaplicka M. A. (1914), S. 244 nach Bleibtreu - Ehrenberg, G. (1984), S.64.
86 ) Bleibtreu - Ehrenberg, G. (1984), S.69. G. B-E. stützt ihre These auf Kinsey, der die erotische Anziehung und den Wunsch nach Zusammensein mit Frauen als Triebkraft des männlichen Transvestitismus identifiziert (1963, S. 528 ff).
87 ) Bleibtreu-Ehrenberg, G. (1984), S.69.
88 ) Bleibtreu-Ehrenberg, G. (1984), S. 30
89 ) Siikala, A. und Hoppal, M. (1992) S.1-40.
90 ) Findeis H. (1983), S. 61.
91 ) Die Referenz auf Inanna stammt von Jaon Halifax zitiert nach P. Conner (1983) S. 265.
92 ) Eliade M. (1975), S. 13f.
93 ) Es werden auch häufig katatonische Zustände ähnlich dem samadhi, dem höchsten Yoga-Zustande, beobachtet.
94 ) Siehe etwa Gesa Lindemann (1993).
95 ) Aspekte der Geisterbeschwörung findet man nur in wenigen Ritualen wie etwa der Yuwipi-Zeremonie (Sioux) und Kachina Tänzen (Pueblo Indianer).
96 ) Sabine Lang (1990, S. 175) stellte fest, dass bei 21 von 48 Stämmen, in denen Mann-als-Frau Positionen bekannt sind, diese auch als Medizinpersonen anerkannt wurden.
97 ) Ich empfehle in diesem Kontext die Christlich-Päpstlichen Entstellungen dieses Begriffs hintanzustellen.
98 ) Roscoe W. (2000), S.49 f.
99 ) Fire Lame Deer J.; Erdoes R. (1981), S. 162,f
100 ) in S. Lang (1990), S. 133 ff.
101 ) Mails T. E. (1996),S. 128.
102 ) Siehe http://phoenixnewtimes.com/issues/2005-12-22/news/feature.html, ein in Phoenix New Times am 22. 12. 2005 publiziertes Feature über TG-Indianer: "The Chying Game" von Joe Watson.
103 ) Der Begriff Two-Spirit wurde vom indianischen LGBT - Gruppen als Überbegriff für ihre Bewegung adaptiert. Er bezog sich ursprünglich nur auf TransGender-Personen, die als Personen mit zwei Seelen verstanden wurden.
104 ) Siehe etwa in S. Lang (1990).
105 ) 1854-1929.
106 ) Roscoe W. (2000), S.27.
107 ) Ich verdanke einem alten Freund Othmar S. einen diesbezüglichen Hinweis zu Lateinamerikanischen Schamanen.
108 ) E. Fels (2005) S. 30 ff.
109 ) Vortrag "Aktivismus als spirituelle Berufung", Wien, AidsHilfe Haus, 5. November 2005.
110 ) Nicht zufällig bezeichnet sich Raven Kaldera (2001, S. 14) als "Heidnischer Pfarrer", womit er sich mit dem christlichen Begriff für "Ungetaufte" schmückt, der im Allgemeinen "Fremde" stigmatisiert. Den Versuch TransGender Personen außerhalb der eigenen Kultur zu lokalisieren, ist freilich nicht neu. Wir finden ihn u.a. auch bei Toni Negri und Michael Hardt (2000, "Neue Barbaren", S. 214-218). Die Integration und soziale Anerkennung von TransGender-Personen wird dadurch kaum gefördert.
111 ) US: Geschlechtsbeugung, referiert auf vielfältige Formen identifikativer und performativer Geschlechtsabweichungen.
112 ) R. Kaldera (2001), S. 125.
113 ) P.C. beim Vortrag zum 10-jährigen TransX-Jubiläum, Wien, AidsHilfe Haus, 5. November 2005.